Jerusalem drängt – die Armee warnt: Der Vorstoß nach Gaza braucht Zeit


Während die Regierung auf eine rasche Eroberung von Gaza-Stadt pocht, verweist die Armee auf Gefahren, Verantwortung und internationale Folgen.

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In Jerusalem wächst der Druck. Regierungsmitglieder fordern, dass die israelische Armee den Vorstoß ins Herz der größten Stadt des Gazastreifens nicht länger aufschiebt. Gaza-Stadt, seit Jahrzehnten Symbol und Machtzentrum der Hamas, soll vollständig unter israelische Kontrolle gebracht werden. Doch innerhalb der Armeeführung betont man, dass ein übereilter Angriff den Preis für Soldaten und Zivilisten unnötig in die Höhe treiben würde.

Seit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Donnerstag die Pläne für die Wiederaufnahme der Bodenoffensive billigte, laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Vier Brigaden manövrieren bereits an den Rändern der Stadt und in den umliegenden Vierteln. Die Strategie ist klar: Gaza-Stadt muss militärisch genommen, die Hamas-Führung entmachtet und die verbliebenen Kampfstrukturen zerschlagen werden.

Doch die Umsetzung birgt Herausforderungen. Etwa eine Million Palästinenser leben noch in der Stadt. Ihr Abzug nach Süden ist ein logistisches, humanitäres und politisches Problem zugleich. Israel plant daher, Korridore für die Evakuierung zu schaffen und zugleich humanitäre Unterstützung vorzubereiten – darunter ein Zugangskorridor nach Rafah zu einem von den Vereinigten Arabischen Emiraten errichteten Feldkrankenhaus.

Auch die Frage der Geiseln steht im Zentrum der Überlegungen. Nach wie vor befinden sich israelische Zivilisten in der Gewalt der Hamas. Jeder militärische Schritt muss deshalb sorgfältig mit den Verhandlungsoptionen abgeglichen werden. Hamas hat zuletzt Bereitschaft signalisiert, zu Bedingungen zurückzukehren, die Israel bereits vor zwei Monaten akzeptiert hatte. Netanjahu hingegen fordert inzwischen eine umfassendere Vereinbarung.

Die militärische Planung sieht einen gestaffelten Zeitplan vor: Die per Notbefehl einberufenen Reservisten werden Anfang September vollständig einsatzbereit sein. Erst ein bis zwei Wochen später könnten die Verbände die volle Kampfkraft für den Großangriff entfalten. Nach Einschätzung von Offizieren wäre ein Beginn Mitte September realistisch. Das politische Lager drängt jedoch auf einen früheren Termin – aus innenpolitischem Kalkül ebenso wie aus dem Willen heraus, die Hamas schneller entscheidend zu schwächen.

Doch die Armee widersetzt sich der Vorstellung eines „schnellen Durchmarschs“. Die Generäle verweisen auf mehrere Faktoren: Sicherheit der Geiseln, Schutz der eigenen Soldaten, geordnete Evakuierung der Zivilbevölkerung und die Notwendigkeit, internationale Unterstützung nicht zu verspielen. Jede überhastete Operation könnte Israels Position schwächen – militärisch, diplomatisch und moralisch.

Im Hintergrund laufen parallel die diplomatischen Fäden. Eine israelische Delegation bereitet sich auf neue Verhandlungen vor, möglicherweise an einem anderen Ort als Doha. Ziel bleibt eine umfassende Vereinbarung, die sowohl die Geiselfrage als auch die künftige Stabilität der Region regelt.

Unterdessen wird auch Symbolik nicht vernachlässigt. Nach Medienberichten drängt Netanjahu auf eine Umbenennung des Militäreinsatzes: Aus „Wagen Gideons II“ soll „Eiserne Faust“ werden. Ein Name, der Härte und Entschlossenheit signalisiert – und deutlich machen soll, dass Israel es ernst meint.

Für die israelische Öffentlichkeit wie für die internationale Gemeinschaft bleibt eine entscheidende Frage: Wird Jerusalem auf den schnellen Schlag setzen, oder folgt man dem Rat der Militärs und baut auf eine kontrollierte, wenn auch längere Operation? Die kommenden Wochen werden zeigen, ob Verantwortungsbewusstsein oder politischer Druck die Oberhand gewinnt.

Autor: Redaktion
Bild Quelle: IDF

Artikel veröffentlicht am: Samstag, 23. August 2025

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