„Krieg gegen Hamas – notfalls auch Bruderkrieg“: Der Aufstand der palästinensischen Miliz in Gaza


Ein Milizenführer in Gaza behauptet offen, mit israelischer Unterstützung gegen die Hamas zu kämpfen. Er schließt einen blutigen innerpalästinensischen Krieg nicht aus – und sieht sich als künftiger Herrscher des Gazastreifens.

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Im Gazastreifen formiert sich eine neue Macht – und sie hat ein klares Ziel: die Entmachtung der Hamas. In einem brisanten Radiointerview mit dem arabischen Programm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks „Kan“ sprach Yasser Abu Schabab, Anführer der bewaffneten Gruppe „Kräfte des Volkes“, offen über seine Pläne. Er lässt keinen Zweifel daran, dass seine Miliz bereit ist, die Konfrontation mit der Hamas mit aller Härte zu führen – notfalls auch im Rahmen eines palästinensischen Bürgerkriegs.

„Wir haben das Unrecht und die Bitterkeit erlebt, die uns von der Hamas angetan wurden“, erklärt Abu Schabab. „Und wir haben uns entschlossen, dieser Aggression zu begegnen.“ Dabei deutet er an, dass seine Bewegung Unterstützung aus Israel erhält – sowohl in Form von Waffen als auch logistischer Koordination.

Diese Aussagen sind mehr als eine Provokation: Sie markieren eine neue Dynamik im ohnehin fragilen Machtgefüge Gazas. Während die Hamas nach den verheerenden Kriegsmonaten geschwächt ist und an Legitimität verliert, versucht sich die Gruppe um Abu Schabab als „legitimes Gegengewicht“ zu etablieren – allerdings nicht mit einer politischen Vision, sondern mit bewaffneter Entschlossenheit.

Miliz im Schatten, Kampf im Licht

Die „Kräfte des Volkes“, bislang weitgehend unbekannt, rekrutieren sich laut Abu Schabab aus jungen Männern ohne klare ideologische Bindung. Sie verstehen sich als „Rückgrat der palästinensischen Gesellschaft“, die das Chaos nach dem Zusammenbruch der Hamas auffangen soll. Im Süden des Gazastreifens – unter israelischer Kontrolle – führt die Miliz laut eigenen Angaben koordinierte Operationen durch, bei denen sie das israelische Militär lediglich „informiert“, aber nicht eingebunden sei.

Ein zentraler Aspekt seiner Ausführungen: die Waffenlieferungen. Abu Schabab behauptet, Israel überlasse seiner Gruppe Waffen gezielt, um die Hamas zu bekämpfen. Weitere – nicht näher benannte – Akteure würden zusätzlich finanzielle Unterstützung leisten. Das Bild, das sich daraus ergibt, ist höchst brisant: Ein innerpalästinensischer Stellvertreterkonflikt, indirekt orchestriert und befeuert von äußeren Mächten – mit dem Ziel, eine neue Ordnung in Gaza zu erzwingen.

Das Ende der Hamas – und was danach kommt

Abu Schabab ist sich sicher: Nach dem Fall der Hamas werden „die Kräfte des Volkes“ die Macht in Gaza übernehmen. Die Hamas, so seine Worte, kämpfe nur noch um ihr Überleben. Ihr Ende sei „nicht nur physisch, sondern auch moralisch“ besiegelt. Die palästinensische Autonomiebehörde hingegen spiele in diesem Machtspiel keine Rolle – weder bei der Bewaffnung noch bei der Koordination, wie der Milizenführer betont.

Auffällig ist der Gegensatz in Abu Schababs Rhetorik: Einerseits spricht er offen von Gewalt, Blutvergießen und dem Preis, den man bereit sei zu zahlen. Andererseits betont er immer wieder das Ziel, die „palästinensische Gesellschaft aus der Dunkelheit ins Licht“ zu führen – rational, strukturiert und, so seine Hoffnung, irgendwann auch ohne Waffen.

Diese Rhetorik verrät eine gefährliche Gratwanderung: Der Anspruch auf eine bessere Zukunft wird verbunden mit der Bereitschaft zur blutigen Abrechnung. Doch in einem Gaza nach der Hamas klafft ein Machtvakuum. Abu Schabab will es füllen – mit Unterstützung von außen und einer Miliz, die sich nicht scheut, auch gegen die eigenen Landsleute vorzugehen.

Was in diesem Interview angedeutet wird, ist nichts weniger als ein möglicher Vorbote eines zweiten palästinensischen Bürgerkriegs. 2007 stürzte die Hamas nach brutalen Kämpfen die Fatah in Gaza. Nun könnte sich die Geschichte wiederholen – nur mit umgekehrten Vorzeichen. Die internationale Gemeinschaft, allen voran Israel, täte gut daran, die Entwicklungen in Gaza nicht nur zu beobachten, sondern strategisch zu begleiten. Denn was hier entsteht, ist keine spontane Rebellion – es ist der Kampf um die Nachkriegsordnung.

Autor: Redaktion

Artikel veröffentlicht am: Sonntag, 6. Juli 2025

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