7 Millionen für Diebe auf dem Silbertablett: Wie 23 Luxus-E-Autos direkt vom Hafen verschwanden


Die „ZEEKR“-Diebstahlserie in Haifa offenbart ein Versagen auf ganzer Linie – und wirft unangenehme Fragen zur Privatisierung, interner Komplizenschaft und grenzenloser Fahrlässigkeit auf.

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Es gibt Verbrechen, die in ihrer Dreistigkeit sprachlos machen. Und es gibt Fälle wie diesen, bei dem man sich eher fragt: Wie konnte es so weit kommen? In der Nacht vor knapp zwei Wochen haben professionelle Autodiebe 23 nagelneue Luxusfahrzeuge des chinesischen Herstellers ZEEKR vom Gelände eines Außenlagers am Hafen von Haifa gestohlen – im Gesamtwert von rund 7 Millionen Schekel (rund 1,75 Millionen Euro). Und das völlig ungehindert, fast schon eingeladen.

Die Fakten sind so erschütternd wie simpel: keine Sicherheitskräfte vor Ort, keine wirksame Umzäunung, offene Fahrzeuge, in denen die Zündschlüssel noch steckten. Die Diebe mussten keine Schlösser knacken, keine Computer austricksen oder GPS deaktivieren. Sie mussten schlicht einsteigen und losfahren.

Ein Mitarbeiter des Hafens bringt es auf den Punkt: „Das war wahrscheinlich der einfachste Diebstahl der Welt.“ Dem ist kaum zu widersprechen. Und dennoch: Diese Tat ist mehr als eine Anekdote über besonders dumme Nachlässigkeit. Sie ist ein Schlaglicht auf ein strukturelles Problem – auf die erschreckende Kombination aus Missmanagement, Kommerzialisierung und möglicher interner Kriminalität.

Das Erbe der Privatisierung

Noch vor wenigen Jahren war der Hafen von Haifa in staatlicher Hand. Heute gehört er einem indischen Konsortium – Ergebnis eines neoliberalen Umstrukturierungsprozesses, bei dem Sicherheit offenbar der erste Posten auf der Streichliste war. Die Auslagerung des Fuhrparks in ein ungesichertes Areal neben einer vielbefahrenen Straße scheint nicht nur billig, sondern grob fahrlässig. Dass dort hochpreisige Importfahrzeuge im Dutzend abgestellt wurden, ohne Überwachung, ohne Schutz, lässt nur einen Schluss zu: Wer auch immer für dieses System verantwortlich ist, hat entweder geschlafen – oder bewusst weggesehen.

Selbst Basismaßnahmen wie funktionierende Kameras und ein hoher Zaun wurden unterlassen. Laut Polizei wurden die wenigen Kameras vor der Tat manipuliert, die niedrige Begrenzung des Geländes schlicht überstiegen. Alles deutet darauf hin, dass die Täter genau wussten, worauf sie sich einlassen. Sie kamen mit Plan – und sie kamen mit Wissen.

Der Verdacht von innen

Es wäre naiv zu glauben, dass eine Diebesbande zufällig auf genau diesen Ort stieß, zu genau dem Zeitpunkt, an dem dort 23 fahrbereite Fahrzeuge mit Zündschlüsseln geparkt waren. Ermittler prüfen inzwischen den Verdacht, dass Insider der Hafenlogistik oder der beauftragten Sicherheitsfirma Hinweise geliefert haben könnten. Dass ausgerechnet Fahrzeuge gestohlen wurden, die noch keine Kennzeichen trugen und somit nicht über gängige Methoden geortet werden können, unterstreicht diese Annahme.

Ein solch koordinierter Diebstahl setzt mehr voraus als Mut – nämlich präzise Informationen. Es geht um Minutengenauigkeit, um Details zu Schichtwechseln, Kameraausrichtungen, Fahrzeugstandorten. Und genau das zeigt: Das Problem liegt nicht nur außerhalb, sondern auch im Inneren.

Konsequenzen? Fehlanzeige

Während Polizei und Hafenverwaltung schweigen – man verweist auf die laufenden Ermittlungen –, tobt im Hintergrund längst ein Streit um die Verantwortung. Versicherungen stellen sich quer, schließlich sei das Verhalten der Hafenbetreiber grob fahrlässig gewesen. Mitarbeiter sprechen von einem Desaster, das man kommen sah. Und während die Täter vermutlich längst mit den Fahrzeugen über die grüne Grenze im Norden verschwunden sind, reibt sich die israelische Öffentlichkeit erneut verwundert die Augen: Wie kann es sein, dass in einem Land mit hochentwickelter Sicherheitstechnik eine solch plumpe Tat gelingt?

Doch die Antwort ist unbequem: Nicht immer sind es fehlende Technologien oder zu schwache Gesetze, die Kriminalität ermöglichen. Manchmal reicht schon ein Mix aus Inkompetenz, Gewinnstreben und fehlender Aufsicht. Der Hafen von Haifa ist in diesem Fall nicht nur ein Tatort, sondern ein Symbol für eine gefährlich sorglose Haltung – und ein Mahnmal dafür, was passiert, wenn wirtschaftliche Interessen über öffentliche Sicherheit gestellt werden.

Autor: Redaktion
Bild Quelle: Von Юкатан - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=16565452

Artikel veröffentlicht am: Dienstag, 20. Mai 2025

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