Amerikas Hinterzimmer-Deal mit der Hamas: Was der Fall Idan Alexander über Israels wachsende Isolation verrät
Ein israelischer Soldat wird freigelassen – aber nicht durch Verhandlungen Jerusalems. Sondern durch direkte Gespräche zwischen der Hamas und den USA. Der Fall Idan Alexander legt schonungslos offen, wie tief sich die diplomatische Realität Israels verändert hat.

Idan Alexander war 584 Tage in der Gewalt der Hamas. Heute wird er freigelassen – ohne eine Gegenleistung Israels, ohne dass Jerusalem überhaupt beteiligt war. Die Nachricht an sich ist bewegend. Doch sie ist mehr als eine Befreiung. Sie ist ein politisches Erdbeben. Denn hinter den Kulissen haben sich die USA auf direkte Verhandlungen mit einer Terrororganisation eingelassen – unter Ausschluss des Staates Israel.
Diese Entwicklung ist nicht nur beunruhigend, sie ist ein dramatischer Wendepunkt. In den Worten des Hamas-Vertreters Mahmoud Mardawi war es nicht einmal das erste direkte Gespräch mit Washington. Bereits zuvor habe es solche Kontakte gegeben. Die israelische Regierung hatte versucht, diese Gespräche zu stoppen, indem sie sie publik machte – offenbar vergeblich. Die Gespräche wurden wieder aufgenommen. Und nun gipfeln sie in einer Freilassung, die als „humanitäre Geste“ verkauft wird. Eine Geste, die allerdings laut Hamas vor allem eines erreichen soll: die Öffnung der Übergänge, die Einfuhr von Hilfsgütern – und die Aufnahme „ernsthafter Verhandlungen“, die laut Hamas zu einem Waffenstillstand und einem Abkommen führen sollen.
Ein solches Szenario wäre für Israel fatal. Denn es würde bedeuten: Der Weg zur Beendigung des Krieges führt nicht mehr über Jerusalem, sondern über Doha, Kairo und Washington – mit der Hamas als gleichwertigem Akteur. Die USA, Israels wichtigster Verbündeter, betreten damit gefährliches Terrain. Wenn eine Terrororganisation durch direkte Gespräche mit dem Weißen Haus politische Dividenden einstreichen kann, wird der Preis für weitere Geiseln sinken – aber der Preis für Israels strategische Position steigen.
Die israelische Regierung betont, dass keine Zugeständnisse gemacht wurden. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Denn in dem Moment, in dem eine solche Freilassung geschieht, ohne dass Israel einbezogen ist, wird das Land faktisch entmachtet. Nicht militärisch, aber diplomatisch. Und genau darauf zielt die Hamas ab: Sie will nicht nur Israel unter Druck setzen, sie will es aus dem Spiel nehmen.
Besonders perfide: Die Hamas stellt die USA nun als neutrale Vermittler dar, mit denen man „Visionen teilen“ kann. Die Amerikaner hätten „nun direkt gehört, was unsere Positionen sind“, so Mardawi. Das mag harmlos klingen – doch es bedeutet, dass Narrative, die bislang nur über Mittelsmänner kursierten, nun ungefiltert Eingang in die politischen Entscheidungsprozesse der USA finden. Wenn die Hamas es schafft, sich als rationaler, verlässlicher Gesprächspartner zu inszenieren, verliert Israel weiter an diplomatischer Rückendeckung.
Zeitgleich melden sich ägyptische Quellen zu Wort: Der Druck der Amerikaner auf einen temporären Waffenstillstand sei „wirksamer denn je“. Das Problem daran: Der Waffenstillstand wäre nicht das Ergebnis eines israelischen Erfolgs, sondern einer amerikanisch-katarisch-hamas’schen Interessenallianz. Die israelische Strategie, durch militärischen Druck Ergebnisse zu erzielen, wird so unterlaufen – nicht durch Widerstand auf dem Schlachtfeld, sondern durch Deals hinter verschlossenen Türen.
Dabei ist der Preis für Israel enorm. Nicht nur symbolisch. Sondern ganz konkret: Die Hamas hat einen diplomatischen Teilerfolg erzielt – ohne ihre Gewalt zu beenden, ohne ihre Geiseln freizulassen, ohne auf ihren Vernichtungswillen gegenüber dem jüdischen Staat zu verzichten. Im Gegenteil: Die Organisation wird aufgewertet. Sie ist nicht länger nur eine mörderische Bande, sie ist ein Player, mit dem sogar Washington redet.
Und Idan Alexander? Er wird jetzt zurückkehren, nach all den Monaten im Verlies der Hamas. Seine Familie ist auf dem Weg, ihn zu empfangen. Das ist ein bewegender Moment. Doch für Israel ist es auch ein Moment bitterer Erkenntnis. Dass selbst in einem Fall, in dem es um Leben und Tod geht, die Kontrolle längst anderen Händen gehört.
Es ist gut, dass Idan frei kommt. Aber es ist fatal, dass der Weg dorthin nicht über Jerusalem, sondern über Katar und Washington führt. Der Tag seiner Rückkehr ist auch ein Tag der ernüchternden Bilanz: Die neue Realität des Nahen Ostens heißt, dass Israels Feinde direkt mit seinen Freunden verhandeln – und der jüdische Staat außen vor bleibt.
Autor: Redaktion
Artikel veröffentlicht am: Montag, 12. Mai 2025