Ein Sondergesandter kommt nach Jerusalem: Was hinter dem Besuch von Steve Witkoff wirklich steckt
Einfluss, Druck, Vorbereitung auf mehr: Warum jetzt die entscheidenden Tage für Israels Kurs im Gaza-Krieg begonnen haben

Es ist kein gewöhnlicher Besuch. Wenn US-Präsident Donald Trump seinen Nahost-Gesandten Steve Witkoff nicht nach Riad, sondern nach Jerusalem schickt, dann geschieht das nicht zufällig. Es ist ein deutliches Zeichen an die Region – und ein stilles Bekenntnis: Washington steht fest an der Seite Israels, nicht nur in Worten, sondern in konkreter Unterstützung und strategischer Abstimmung.
Witkoff wird am Montag in Israel erwartet. Ein Treffen mit Premierminister Benjamin Netanjahu ist für den Mittag angesetzt – deutlich länger als gewöhnlich. Zwei bis drei Stunden will der Premier, um mit dem Sondergesandten nicht nur Rückschau zu halten, sondern um die nächsten Schritte vorzubereiten. Die Zeit drängt. In Gaza wird weiter gekämpft, und parallel laufen hochkomplexe Verhandlungen über mögliche Geiselbefreiungen. Doch Waffenruhe? Terroristenfreilassungen? Davon will Israel nichts hören – und das mit Rückendeckung aus Washington.
Die Freilassung des israelisch-amerikanischen Soldaten Edan Alexander, die noch für diese Woche erwartet wird, ist Symbol und Nebenschauplatz zugleich. Denn sie erfolgte nicht aufgrund von Zugeständnissen, sondern durch militärischen Druck der IDF und klare US-Unterstützung. Kein Austausch, kein Waffenstillstand – nur ein „sicherer Korridor“, der es der Hamas ermöglicht, das Gesicht zu wahren. Für Israel zählt: Der Gegner darf keinen Sieg davontragen.
Dass Witkoff seinen ursprünglich geplanten Flug nach Saudi-Arabien umleitet, zeigt, wie ernst Trump diesen Moment nimmt. Auch Adam Boehler, Trumps Sonderbeauftragter für Geiselangelegenheiten, wird in Israel erwartet – gemeinsam mit den Eltern Alexanders. Doch ihre Anwesenheit unterstreicht nur, was auf politischer Ebene längst verhandelt wird: Israel ist bereit, seine Position gegenüber der Hamas nicht zu relativieren – selbst dann nicht, wenn Menschenleben auf dem Spiel stehen.
Witkoffs Gespräche werden sich nicht allein um Geiseln drehen. Im Zentrum steht die Koordinierung der nächsten Phase im Gaza-Krieg. Während internationale Akteure auf eine Pause drängen, forciert Jerusalem eine andere Linie: keine Verhandlungen unter Erpressung, keine politischen Gewinne für die Hamas. Vielmehr ist der Moment günstig, um militärisch nachzusetzen. Trumps Regierung unterstützt diesen Kurs – laut, öffentlich und mit spürbarer Wirkung.
Die israelische Regierung ließ am Montagvormittag verlauten: „Wir befinden uns in entscheidenden Tagen. Hamas hat ein Angebot vorliegen, das zur Freilassung unserer Geiseln führen kann. Doch diese Gespräche finden unter Feuer statt – und sie werden es auch weiterhin.“ In anderen Worten: Es wird verhandelt, aber nicht nachgeben. Der Feind spürt Druck – keinen Spielraum.
Der Besuch Witkoffs markiert dabei einen geopolitischen Wendepunkt. Es geht nicht mehr um Vermittlung zwischen Israel und Terrorgruppen. Es geht um Abstimmung zwischen strategischen Partnern. Um den Willen, politische Klarheit zu schaffen – auch gegenüber anderen arabischen Akteuren. Israel, das sich seit Oktober 2023 im offenen Krieg mit der Hamas befindet, lässt sich nicht in eine Ecke diplomatischer Zwangslösungen drängen. Und Washington respektiert das.
In der Region beobachten viele diesen Besuch genau. Saudi-Arabien, Ägypten, Katar – sie alle verstehen die Botschaft: Die USA sind zurück auf der Seite der Stärke, nicht auf der Suche nach einem faulen Frieden. Für Israel bedeutet das Rückenwind – in einer Phase, in der innenpolitisch wie außenpolitisch viel auf dem Spiel steht. Die Sicherheit des Landes, das Vertrauen der Bevölkerung, das strategische Gleichgewicht im Nahen Osten.
Dass Witkoff am Vorabend möglicher Freilassungen nach Israel reist, ist kein Zufall. Es ist Kalkül – und Ausdruck einer Haltung, die selten so klar formuliert wurde: Israel verhandelt nicht mit dem Gewehr an der Schläfe. Und Amerika steht bereit, genau das zu verteidigen.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: By kremlin.ru, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=163492206
Artikel veröffentlicht am: Montag, 12. Mai 2025