Kein Frieden, keine Zukunft: Iran droht nach dem Krieg – und entlarvt sich selbst


Irans Außenminister Abbas Araghchi stellt klar: Es gibt keinen Waffenstillstand mit Israel. Die Angriffe mögen pausieren – doch die Bedrohung ist zurück auf Standby. Und Europa spielt dabei eine traurige Nebenrolle.

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Wenn Diplomaten sprechen, lohnt es sich, auf das zu hören, was sie nicht sagen. Doch im Fall des iranischen Außenministers Abbas Araghchi war es ausnahmsweise anders: In einem Interview mit der iranischen Studenten-Nachrichtenagentur ISNA hat er ausgesprochen, was viele längst befürchtet haben – und damit einmal mehr die Fassade vermeintlicher Mäßigung zum Einsturz gebracht. Die zentrale Botschaft: Es gibt keinen Waffenstillstand mit Israel. Und es gibt keinerlei Garantie, dass der Krieg nicht jederzeit wieder aufflammt.

Araghchi, ein langjähriger Verhandler des Atomdeals und Vertrauter des Regimes, bestätigte offen, dass Operation „Rising Lion“ zwar die Angriffe Irans auf Israel gestoppt habe – aber nicht im Rahmen einer offiziellen Vereinbarung. „Sie [Israel] haben die Aggression gestoppt, und wir haben unsere Verteidigung gestoppt“, so Araghchi. „Das war’s. Es gibt keine Vereinbarung, keinen Waffenstillstand. Alles kann jederzeit wieder beginnen.“

Das ist mehr als nur ein taktischer Schachzug in der politischen Rhetorik Teherans. Es ist eine offene Drohung – gegen Israel, gegen den Westen, gegen jede Hoffnung auf Stabilität in der Region.

Eine „Pause“ ohne Garantie

Die Worte des iranischen Spitzendiplomaten wirken wie ein Rückfall in die Zeit vor dem Krieg: voll von doppelten Botschaften, verbalen Taschenspielertricks und ideologischer Selbstgewissheit. Wer einen echten Waffenstillstand erwartet hatte – vielleicht sogar einen diplomatischen Neuanfang nach dem 12-Tage-Krieg – wird nun enttäuscht. Der Iran akzeptiert keine Bedingungen, will keine Verständigung, sondern beansprucht das Recht, jederzeit erneut zuzuschlagen.

Der Verzicht auf eine offizielle Vereinbarung bedeutet in der Realität: Kein Monitoring. Keine Verifikationsmechanismen. Keine internationale Kontrolle. Nur eine dünne Schicht aus Schweigen, unter der der nächste Raketenhagel brodelt.

Dass Araghchi die Schuld für den Konflikt erneut bei Israel sieht – und zugleich jede eigene Verantwortung leugnet –, ist Teil der altbekannten Propaganda. Neu ist allerdings die unverhohlene Drohkulisse: „Alles ist möglich. Auch sie können wieder anfangen, auch wir können wieder anfangen.“

Uran als „medizinische Notwendigkeit“ – und politische Waffe

Besonders zynisch wird es, wenn der iranische Außenminister die Urananreicherung mit dem Gesundheitswesen verknüpft. Man müsse mindestens 20 % anreichern, weil dies angeblich für das nationale Gesundheitssystem unverzichtbar sei. Ein durchschaubarer Versuch, ein militärisch sensibles Thema mit moralischem Anspruch zu bemänteln. Es ist das alte Spiel: Zentrifugen als Schutzengel, Atomtechnik als Medizin. Dass Iran bereits in der Vergangenheit medizinische Isotope über internationale Programme erhalten konnte – ohne eigene Hochanreicherung –, wird geflissentlich verschwiegen.

Tatsächlich hat Teheran seit Jahren versucht, seine Anreicherungsfähigkeit als Druckmittel in den Verhandlungen einzusetzen – und jetzt wird klar: Die Angriffe auf Fordo und Natanz haben zwar geschadet, aber das Know-how ist intakt. Das Regime verfügt weiterhin über das Personal, die Forschung, die technische Infrastruktur. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wieder angereichert wird – „abhängig von den Umständen“, wie Araghchi lakonisch bemerkt. Der Iran spielt auf Zeit, nicht auf Frieden.

Europa am Katzentisch

Ein weiterer Teil des Interviews wirft ein ernüchterndes Licht auf die Rolle Europas. Die Gespräche mit Brüssel – wenn es sie noch gibt – sind für Teheran irrelevant. Die europäischen Staaten hätten „keinen Einfluss auf die Sanktionen, keine Macht, den Konflikt zu beenden“, so Araghchi. Der einzige Grund, mit ihnen zu sprechen, sei die Angst vor dem sogenannten Snapback-Mechanismus – einer Rückkehr zu alten UN-Sanktionen.

Die Botschaft an Berlin, Paris und Brüssel ist klar: Ihr habt nichts mehr zu sagen. Und wer glaubt, man könne Teheran mit freundlichen Appellen, Vermittlungsreisen oder Wirtschaftsgesprächen umstimmen, hat die Realität dieser neuen Post-Kriegsordnung nicht verstanden. Europa steht ohnmächtig am Rand – ein Zuschauer in einem Spiel, das andere führen.

Verhandlungen gegen Geld – das neue Kalkül

Vielleicht der bizarrste Teil des Interviews: Araghchi fordert finanzielle Entschädigung für die Schäden des Kriegs – als Voraussetzung, um überhaupt wieder mit den USA zu sprechen. Die Idee, dass Washington nach einem durch Iran angezettelten Krieg nun auch noch Wiedergutmachung zahlen soll, ist an Absurdität kaum zu überbieten.

Doch der Subtext ist ernst: Der Iran erkennt den Wert von Verhandlungen nur noch als wirtschaftliches Druckmittel. Es geht nicht um Kompromisse oder gegenseitige Sicherheitsgarantien, sondern um Erpressung. Und um die Inszenierung einer moralischen Opferrolle, die bei der eigenen Bevölkerung den Märtyrermythos nährt.

Waffenstillstand als Illusion – und das Schweigen des Westens

In einer Welt, in der man sich lieber mit Tech-Gipfeln, Klimaabkommen und multipolaren Allianzen beschäftigt, wirkt dieser Auftritt Araghchis wie ein Weckruf. Der Iran hat den Krieg nicht vergessen. Er hat ihn nur auf Pause gesetzt. Und während Europa mit der Aufarbeitung beschäftigt ist, bereitet sich Teheran bereits auf die nächste Runde vor – in der Diplomatie, in der Atomfrage, vielleicht auch auf dem Schlachtfeld.

Das Schweigen Europas ist gefährlich. Denn es wird in Teheran nicht als Besonnenheit gelesen, sondern als Schwäche. Und Schwäche provoziert keine Mäßigung – sie provoziert den nächsten Schritt.

Wer glaubt, dass der Krieg mit einer Einstellung der Kampfhandlungen beendet sei, der irrt. Die Waffen mögen schweigen. Doch die Absichten sind lauter denn je.

Autor: Redaktion
Bild Quelle: By Tasnim News Agency, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=157515237

Artikel veröffentlicht am: Sonntag, 3. August 2025

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