Flammenmeer in Südeuropa: Marseille im Ausnahmezustand
Waldbrände fressen sich bis an die Großstadt heran – Flughafen geschlossen, Spanien ruft höchste Alarmstufe aus

Es ist ein Bild, das man mit Kalifornien oder Australien verbindet – nicht mit Frankreichs Mittelmeerküste: Über den beliebten Stränden von Les Plages des Corbières bei Marseille ziehen dichte Rauchschwaden auf, Löschflugzeuge kreisen über der Stadt, und Zehntausende blicken vom Fenster aus auf eine bedrohlich orange flackernde Skyline. Der Süden Europas steht erneut in Flammen – und diesmal ist selbst eine Metropole wie Marseille nicht mehr sicher.
Das Feuer brach am Vormittag im Vorort Les Pennes-Mirabeau aus und fraß sich rasch über Buschland und Hügelflanken in Richtung Stadtgrenze. Über 350 Hektar Land sind bereits verkohlt. Die Behörden evakuierten erste Wohnviertel, der Flughafen wurde vollständig geschlossen, mehrere Autobahnen und Bahnstrecken gesperrt. Die Präfektur rief die Menschen dazu auf, in ihren Häusern zu bleiben, Fenster und Türen geschlossen zu halten. Wer an die Bilder der Katastrophenjahre in Griechenland oder der Türkei denkt, erkennt die neue Realität: Diese Szenarien spielen sich längst mitten in Westeuropa ab.
Auch die Umgebung von Narbonne im Departement Aude steht seit Montag unter schwerem Feuer. Rund 1.000 Feuerwehrleute kämpfen dort gegen Flammen, die bereits über 2.000 Hektar Wald und Gestrüpp erfasst haben. Verstärkt durch starke Winde und die Trockenheit der letzten Wochen, hat sich das Feuer zu einem unkontrollierbaren Brand entwickelt. Die Einsatzkräfte kämpfen Tag und Nacht gegen einen Gegner, der nicht schläft – begleitet von Hubschraubern und Löschflugzeugen, die in immer kürzeren Intervallen Wasser über die glühende Landschaft werfen.
Ein Blick über die Grenze zeigt: Spanien ist in derselben Lage – oder schlimmer. Besonders dramatisch ist die Situation in der nordostspanischen Region Katalonien. In der Provinz Tarragona mussten über 18.000 Menschen angewiesen werden, ihre Häuser nicht zu verlassen. Die Behörden warnten vor lebensbedrohlicher Rauchentwicklung, während Böen von bis zu 90 Stundenkilometern den Brandherd immer weiter zerstreuen. Über 3.000 Hektar Vegetation wurden dort bereits vernichtet – und das in einem Land, das nach dem heißesten Juni seit Beginn der Wetteraufzeichnungen ohnehin im Ausnahmezustand lebt.
Mehr als 300 Feuerwehrleute und militärische Nothilfeteams sind rund um Tarragona im Einsatz, unterstützt von Spezialeinheiten der Luftwaffe. Mit großem Kraftaufwand konnte bislang ein Übergreifen der Flammen auf den Ebro – einen der wichtigsten Flüsse Spaniens – verhindert werden. Doch die Bilanz ist bereits jetzt erschütternd: Allein in diesem Jahr sind in Spanien über 21.000 Hektar Waldfläche in Flammen aufgegangen. Zum Vergleich: Im Katastrophenjahr 2022 brannten dort 300.000 Hektar – mehr als in jedem anderen Land Europas.
Die Ursachen sind eindeutig: Rekordhitze, extreme Trockenheit, menschliche Fahrlässigkeit und eine über Jahrzehnte verfehlte Forstpolitik. Immer mehr Land liegt brach, immer dichter drängen sich menschliche Siedlungen an einst unbewohnte Hänge.
Marseille, die zweitgrößte Stadt Frankreichs mit fast 870.000 Einwohnern, ist längst kein Einzelfall. Die Feuerwalze kennt keine geografischen oder politischen Grenzen mehr. Und wer glaubt, dass diese Katastrophen nur den Süden Europas betreffen, sollte genau hinsehen: Auch in Deutschland steigt die Zahl der Waldbrände seit Jahren dramatisch an. Wenn die Wälder brennen, brennt nicht nur die Natur – es brennt die Lebensgrundlage ganzer Regionen.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: Screenshot X
Artikel veröffentlicht am: Dienstag, 8. Juli 2025