Wer zahlt, verliert: Der rbb bekommt Schadensersatz – und zahlt Schlesinger weiter Luxus-Rente
Ex-rbb-Intendantin Patricia Schlesinger muss dem Sender wegen unrechtmäßiger Boni Schadenersatz zahlen. Zugleich erhält sie weiterhin über 18.000 Euro Ruhegeld im Monat. Ein Urteil, das nicht nur juristisch, sondern auch moralisch Fragen aufwirft.

Es wirkt wie ein grotesker Balanceakt zwischen juristischer Korrektheit und öffentlicher Empörung: Patricia Schlesinger, einst Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg, wurde vom Berliner Landgericht zur Zahlung von Schadenersatz in sechsstelliger Höhe verurteilt. Zugleich aber steht ihr – trotz fristloser Kündigung und massiver Pflichtverletzungen – ein Ruhegeld in Höhe von monatlich 18.384,54 Euro zu. Der Sender muss zahlen. Die Beitragszahler auch.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Schlesinger pflichtwidrig Bonuszahlungen für sich selbst und weitere Führungskräfte veranlasst hatte – ohne die dafür notwendige Zustimmung des Verwaltungsrats. Die Summe, die sie dem rbb nun zurückzahlen muss, liegt laut Gericht bei etwa 1,8 Millionen Euro. Hinzu kommen knapp 24.000 Euro für private Reisen und die mutwillige Nutzung ihres Dienstwagens. Und dennoch: Die Ex-Intendantin bleibt versorgt – mit einer monatlichen Summe, von der normale Rentnerinnen und Rentner nicht zu träumen wagen.
Der Fall Schlesinger hat den öffentlich-rechtlichen Rundfunk erschüttert wie kaum ein anderer Skandal der vergangenen Jahre. Luxuriöse Dienstwagen, Dinner auf Senderkosten, private Massagesessel – das Bild einer selbstgerechten Führungskraft, die sich am Gebührenapparat bereichert, hat sich fest in die öffentliche Wahrnehmung eingebrannt. Dass ihr Verhalten dennoch nicht zu einem vollständigen Verlust aller Pensionsansprüche führt, wirft ein grelles Licht auf die Konstruktion öffentlich-rechtlicher Dienstverträge und die Ohnmacht der Gremien.
Die 105. Zivilkammer des Berliner Landgerichts hat in Teilen der Widerklage des rbb stattgegeben. Der Sender hatte Schlesinger unter anderem vorgeworfen, die interne Struktur systematisch missbraucht zu haben, um sich selbst wie auch bis zu 29 außertariflich bezahlte Führungskräfte mit Boni und Zulagen zu bedienen – ohne Kontrolle, ohne Transparenz. Die Staatsanwaltschaft Berlin ermittelt weiterhin.
Vom einstigen Prestigeprojekt „Digitales Medienhaus“, das mittlerweile als Mahnmal der Verschwendung gilt, wurde ein gesonderter Prozess abgetrennt. Allein hier beziffert der rbb den Schaden auf weitere 13,6 Millionen Euro. Schlesinger soll auch in diesem Fall Ausschreibungen umgangen und Verträge eigenmächtig vergeben haben. Es geht um Steuergeld, Gebühren und eine völlig entgrenzte Selbstbedienungskultur in den oberen Etagen eines Senders, der sich gern als moralische Instanz versteht.
Dass Schlesinger ausgerechnet im Januar 2023, dem Monat ihrer Klage, ihr volles Ruhegeld zugesprochen bekam, wirkt wie ein Hohn – zumal die monatlichen Zahlungen gerichtlich bislang nur für diesen einen Monat geklärt wurden. Doch auch das könnte sich ändern, falls die Ex-Intendantin weitere Klagen einreicht. Und das ist zu erwarten.
Die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler bleiben zurück mit berechtigtem Unmut. Was Schlesinger angerichtet hat, hat dem Vertrauen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk massiven Schaden zugefügt. Was das Urteil zeigt: Auch juristisch saubere Urteile können politische und moralische Sprengkraft entfalten. Für viele ist es unverständlich, dass jemand, der eine Institution systematisch geschädigt hat, weiterhin öffentlich alimentiert wird.
Die Debatte über Kontrolle, Transparenz und Verantwortung im öffentlich-rechtlichen System wird nach diesem Urteil nicht abebben. Im Gegenteil. Der Fall Schlesinger steht nun endgültig symbolisch für ein System, das dringend reformiert werden muss – nicht nur strukturell, sondern auch ethisch.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: Fotomontage: Schlesinger:Von Sandro Halank, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=68883227 ,RBB: By Fridolin freudenfett - Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=87485183
Artikel veröffentlicht am: Donnerstag, 17. Juli 2025