Münchner Gericht verhängt milde Strafe nach antisemitischem Angriff


Ein Mann mit Kippa wird in der Innenstadt beleidigt und bedroht – der Täter verurteilt, aber nur zu fünf Monaten Haft. Das Urteil wirft Fragen auf über den Umgang deutscher Gerichte mit antisemitischen Gewalttaten.

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Der Fall ereignete sich im Juli 2024 in der Münchner Innenstadt. Ein jüdischer Mann war mit Freunden in der Nähe des Hauptbahnhofs unterwegs, als er von einem 35-jährigen Marokkaner an der Schulter gepackt, auf Arabisch und Englisch massiv beleidigt und mit dem Tod bedroht wurde. Das einzige erkennbare „Merkmal“: Er trug eine Kippa.

Nun hat das Amtsgericht München das Urteil gesprochen. Fünf Monate Freiheitsstrafe – ein Strafmaß, das deutlich unter der Forderung der Staatsanwaltschaft bleibt. Oberstaatsanwalt Andreas Franck, zugleich Antisemitismusbeauftragter der bayerischen Justiz, hatte neun Monate beantragt und betont, dass der Angriff eindeutig antisemitisch motiviert gewesen sei. Solche Beweggründe können laut Strafgesetzbuch strafverschärfend berücksichtigt werden. Das Gericht folgte dieser Einschätzung jedoch nur eingeschränkt.

Laut Anklage hatte der Täter dem Opfer unter anderem zugerufen: „Warum bist du hier in Deutschland, Jewish motherfucker?“ und „Wenn ich dich nochmal hier sehe, bringe ich dich um, du Sohn einer jüdischen Hure.“ Der Mann flüchtete zunächst, konnte aber durch spätere Zeugenaussagen und markante Narben identifiziert werden.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Sollte es Bestand haben, könnte es zu einer Ausweisung des Mannes führen – eine Entscheidung, die bei verurteilten Straftätern aus Drittstaaten grundsätzlich im Raum steht.

Der Vorfall ist kein Einzelfall. Antisemitisch motivierte Übergriffe haben in den vergangenen Jahren bundesweit zugenommen – verbal wie physisch. Während rechtsextreme Täter nach wie vor eine große Rolle spielen, rückt verstärkt auch islamistisch oder arabisch motivierter Antisemitismus in den Fokus der Sicherheitsbehörden und Justiz.

Dass in einem solchen Fall eine Freiheitsstrafe von nur fünf Monaten verhängt wird, stößt in jüdischen Organisationen und Fachkreisen auf Kritik. Zwar ist der Schuldspruch ein wichtiges Zeichen, doch das Strafmaß steht aus Sicht vieler Beobachter in keinem Verhältnis zur Schwere des antisemitischen Angriffs. Gerade in Zeiten wachsender Bedrohung müsse die Justiz konsequent und deutlich reagieren.

Der Umgang deutscher Gerichte mit antisemitischen Straftaten wird regelmäßig diskutiert. Viele Urteile fallen vergleichsweise milde aus, insbesondere dann, wenn Täter keine Vorstrafen haben oder unter dem Einfluss von Alkohol standen. Doch die Botschaft an Betroffene bleibt dieselbe: Der Schutz jüdischen Lebens in Deutschland ist keine Selbstverständlichkeit.

Es wäre ein Irrtum, diesen Fall isoliert zu betrachten. Antisemitismus äußert sich heute nicht mehr nur in Schmierereien und Parolen, sondern zunehmend in körperlicher Gewalt – auch mitten in deutschen Großstädten. Dass ein solcher Angriff mit wenigen Monaten Haft geahndet wird, wirft die Frage auf, wie konsequent der Rechtsstaat wirklich handelt.

Autor: Redaktion

Artikel veröffentlicht am: Donnerstag, 17. Juli 2025

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