Brandenburg kämpft gegen die Flammen – Hitze und Munition verschärfen Lage
Waldbrände lodern im Süden Brandenburgs. Einsatzkräfte stehen an mehreren Fronten gleichzeitig im Kampf gegen Feuer, Wind und alte Kriegsrelikte. Mehrere Feuerwehrleute wurden verletz

Brandenburg steht in Flammen. Und wieder einmal scheint es nur eine Randnotiz im großen Nachrichtengeschäft zu sein. Während sich die Augen auf ferne Kriege oder internationale Gipfel richten, brennen hierzulande Wälder, Dörfer stehen unter Rauch, und Feuerwehrleute erleiden schwere Verbrennungen. Es ist nicht das erste Mal – aber es wird mit Sicherheit auch nicht das letzte Mal sein.
Am Mittwoch kämpften Einsatzkräfte an zehn verschiedenen Brandherden gleichzeitig, fünf davon allein in der ohnehin chronisch trockenen Lausitz. Besonders heftig trifft es die Gohrischheide an der Grenze zu Sachsen – dort wuchs die Feuerfläche binnen Stunden von 60 auf 600 Hektar. Das ist keine Feuersbrunst mehr – das ist eine Katastrophe.
Und sie kommt nicht überraschend.
Ein Land am Limit – politisch und ökologisch
Brandenburg ist das Bundesland mit den meisten munitionsbelasteten Flächen. Was jahrzehntelang als Altlast stillschweigend in der Erde lag, wird bei jedem Brand zur lebensgefährlichen Bedrohung – für Mensch, Tier und Umwelt. In Jüterbog brennt es erneut auf dem Keilberg, wo tonnenweise alte Munition lagert. Der Einsatz dort ist so gefährlich, dass nicht einmal Löschtrupps zu Fuß eingesetzt werden können. Stattdessen kämpfen Helikopter, Roboter und Hoffnungen gegen die Flammen.
Dazu kommt eine gefährliche Klimarealität: Brandenburg ist trocken wie nie. Seit Jahren fehlt der Niederschlag, Hitzeperioden dauern länger, die Böden sind ausgedörrt. Und in dieser ohnehin hochexplosiven Mischung reicht ein Funke – oder eine achtlos weggeworfene Zigarette – um ein Inferno auszulösen.
Die Feuerwehr tut, was sie kann. Mehr als 60 Einsatzkräfte allein aus Brandenburg bekämpfen das Feuer in der Gohrischheide. In Drebkau und Jerischke, bei Jüterbog, Kleinbahren und Altdöbern brennt es zeitgleich. Anwohner müssen Fenster und Türen schließen, Lüftungen abstellen. Die Luft ist voller Asche, voller Rauch, voller Angst.
Verletzte Kameraden – und stilles Heldentum
Fünf Feuerwehrleute wurden verletzt. Zwei von ihnen schwer. Sie haben sich in den Flammen vor allem eines geholt: Schweigen. Kein großer Aufschrei, kein politischer Aufmarsch, keine Debatte im Bundestag. Es ist, als wären Brände im Osten der Republik eine Art lokales Wetterphänomen. Als müsse man das eben so hinnehmen.
Dabei ist genau das die Wurzel des Problems: Das Land hat sich daran gewöhnt. Brandenburg brennt? Ja, wie jedes Jahr. So als wäre das eine Naturkonstante – und nicht das Ergebnis jahrzehntelanger politischer Vernachlässigung, struktureller Schwäche und fehlender Prävention.
Evakuierte Heime und vergessene Menschen
In Sachsen musste der kleine Ort Heidehäuser evakuiert werden – dort leben Menschen mit schweren Behinderungen, 45 Heimbewohner wurden in Sicherheit gebracht. Auch das ist eine stille Tragödie, die zeigt: Waldbrände treffen nicht nur Bäume. Sie treffen die Verletzlichsten zuerst. Menschen, die nicht fliehen können. Tiere, die verbrennen. Häuser, die zerstört werden.
In Kolkwitz, Dissen, Binenwalde, Sonnewalde, Frohnsdorf – die Liste der Orte, die brennen oder kürzlich gebrannt haben, ist zu lang, um sie alle aufzuzählen. Und doch: Keiner dieser Brände ist nur lokal. Sie sind ein Symptom für ein nationales Problem, das mit Wald allein nichts mehr zu tun hat.
Eine Politik ohne Antworten
In Brandenburg gilt aktuell fast flächendeckend die höchste Waldbrandgefahrenstufe. Wälder sind gesperrt, Feuerverbote gelten – und trotzdem ist die Lage nicht im Griff. Was fehlt, ist eine langfristige Strategie: zur Entmunitionierung der Wälder. Zur nachhaltigen Aufforstung. Zum Aufbau flächendeckender Frühwarnsysteme. Und zum Schutz derer, die immer wieder ihr Leben riskieren, um unseres zu schützen.
Doch diese Debatte bleibt aus. Stattdessen reden wir über neue Heizungsnormen oder kleinteilige Fördergesetze, während Brandenburg weiter brennt. Vielleicht, weil der Osten politisch wenig Gewicht hat. Vielleicht, weil man sich an die Brände gewöhnt hat. Vielleicht, weil der Rauch in Berlin selten ankommt.
Ein Hilferuf, der verhallt
Was bleibt, ist die stille Verzweiflung der Menschen vor Ort. Die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehren, die in Hitzeanzügen durch verqualmte Wälder stapfen. Die Landwirte, deren Felder am Rand der Feuerlinie stehen. Die Eltern, die ihre Kinder nicht rauslassen, weil der Rauch zu dicht ist. Und all jene, die wissen: Wenn das nächste Feuer kommt, wird wieder niemand vorbereitet sein.
Brandenburg brennt. Aber noch viel bedrohlicher ist: Brandenburg wird vergessen.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: Symbolbild
Artikel veröffentlicht am: Mittwoch, 2. Juli 2025