Dobrindt in Israel: „Wir stehen 100 Prozent hinter Israel“ – Ein Besuch zwischen Trümmern und Solidarität
Der deutsche Innenminister reist nach Bat Yam – und sendet eine der deutlichsten Botschaften Berlins seit Beginn des Iran-Israel-Konflikts.

Von der Promenade von Bat Yam aus sieht man noch das ruhige Meer. Doch nur wenige Straßenzüge weiter hat ein Raketeneinschlag die Stille zerfetzt: zersplitterte Fenster, ein durchschlagener Betonpfeiler, der verkohlte Rest eines Balkons. Hier, inmitten der sichtbaren Zerstörung, spricht Alexander Dobrindt, Bundesinnenminister, Worte, die in Jerusalem und Berlin gleichermaßen Gehör finden werden: „Deutschland steht 100 Prozent hinter Israel.“ Es ist ein seltener Moment der Klarheit in einer ansonsten oft vorsichtigen deutschen Außenpolitik.
Gemeinsam mit Israels Außenminister Gideon Sa’ar besucht Dobrindt die Einschlagsstelle eines iranischen Angriffs – und bringt dabei nicht nur Anteilnahme, sondern vor allem politische Rückendeckung mit. Es ist der erste hochrangige Besuch eines EU-Politikers nach Ende von Operation Rising Lion, jenem israelischen Militärschlag gegen iranische Nuklearanlagen, der international Debatten ausgelöst hat. Doch Dobrindt lässt keinen Zweifel: Aus deutscher Sicht war der Schlag gerechtfertigt – ja, notwendig.
„Was die iranische Rakete hier angerichtet hat, zeigt eindrücklich, welche Gefahr ein nuklear bewaffneter Iran für die ganze Welt wäre“, sagt Dobrindt, der Sa’ars Einladung zu diesem Solidaritätsbesuch dankend angenommen hat. Die klare Positionierung überrascht in ihrer Direktheit – und steht sinnbildlich für eine außenpolitische Verschiebung in Berlin, wo sich unter Kanzler Friedrich Merz der Ton gegenüber Teheran deutlich verschärft hat.
Schon während des Konflikts hatte Merz erklärt, Israel tue das „schmutzige, aber notwendige Werk“ im Namen aller westlichen Demokratien. Dobrindt greift diesen Gedanken auf – und geht noch einen Schritt weiter: Die internationale Gemeinschaft, so fordert er, müsse nun handeln. Gemeint ist die sogenannte „Snapback“-Klausel im Atomabkommen mit dem Iran. Sie erlaubt den E3-Staaten – also Deutschland, Frankreich und Großbritannien – einseitig die Wiedereinführung harter Sanktionen, wenn Teheran gegen das Abkommen verstößt. „Jetzt ist der Moment dafür“, so Dobrindt.
Die Dringlichkeit scheint unübersehbar. Der Iran hat nicht nur mit ballistischen Raketen auf zivile Ziele in Israel gezielt, sondern gleichzeitig angekündigt, seine Kooperation mit der Internationalen Atomenergiebehörde einzustellen. Ein Affront gegenüber der Weltgemeinschaft – und eine offene Warnung, wohin sich das Regime in Teheran entwickelt.
Gideon Sa’ar bedankt sich sichtlich bewegt für den Besuch aus Berlin. „In schweren Zeiten erkennt man seine Freunde“, sagt er. Und es ist nicht nur eine Floskel: Israels Regierung registriert sehr genau, welche europäischen Länder in diesen Tagen klar Position beziehen – und welche lieber schweigen.
Doch Dobrindts Reise ist mehr als Symbolpolitik. Sie ist auch ein Signal für eine vertiefte sicherheitspolitische Zusammenarbeit: Deutschland will mit Israel ein gemeinsames Cyber-Forschungszentrum aufbauen, Geheimdienste enger vernetzen, Verteidigungstechnologien austauschen. Für Berlin – zunehmend unter Druck angesichts geopolitischer Bedrohungen durch Russland und China – ist Israel nicht nur Verbündeter, sondern strategischer Partner.
Die deutsche Solidarität ist damit nicht allein aus historischer Verantwortung geboren. Sie ist geopolitisch motiviert, sicherheitspolitisch begründet – und zunehmend konkret. Dennoch: Eine solch klare Positionierung birgt auch politische Risiken, etwa in der Debatte um Waffenexporte oder diplomatische Beziehungen zum Iran. Dobrindt scheint das bewusst zu sein. Doch er scheut den Konflikt nicht.
Der Besuch in Bat Yam, so nüchtern er auch vorbereitet worden sein mag, wird innen- wie außenpolitisch nachhallen. Er markiert einen Moment, in dem Deutschland klar Stellung bezieht – nicht aus ideologischer Nähe, sondern aus realpolitischer Erkenntnis: Wer Israel jetzt allein lässt, gefährdet die Stabilität des gesamten Westens.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: Screenshot x @gidonsaar
Artikel veröffentlicht am: Sonntag, 29. Juni 2025